Nov. 4, 2014 - Alltags-Check    No Comments

Wie ich nie werden wollte…

…und mich trotzdem dabei ertappe, so zu sein.

Ich habe letztes Mal ja schon davon gesprochen geschrieben, dass ich so nach und nach im Nestbau- und Mama-Wahn zu einer Kontrolltante mutiere*grmpf*

Früher habe ich gekauft, was ich hübsch fand und bei dem ich den Eindruck hatte, dass es (zumindest einigermaßen) gut verarbeitet ist. Was andere davon halten, war mir ziemlich schnuppe. Auch Trends haben mich noch nie wahnsinnig doll interessiert, ebensowenig das zu haben, was andere alle haben. Aber jetzt…

Noch nie habe ich so viele Testberichte und Kundenrezensionen gelesen, noch nie so viel bei Stiftung Warentest, Ökotest (und wie sie nicht alle heißen) geforscht und auch noch nie so stark auf all diese Dinge, die dort angesprochen werden, geachtet. Unglaublich, wieviel Zeit man mit Internetrecherche verbringen kann… Und ich habe mich doch glatt einlullen lassen von den ganzen Bewertungen, Abwertungen, Lobeshymnen und Abschreckbeispielen. Schuldig im Sinne der Anklage:

Unser Kindersitz ist Testsieger bei Stiftung Warentest, der Kinderwagen hat eine vergleichsweise hohe Schadstofffreiheit lt. Ökotest (mal abgesehen davon, dass er wirklich sehr praktisch zu sein scheint) und die Wickelauflage ist ein Kompromiss aus Pragmatismus und Gesundheitsaspekten. Sie ist weniger chemiebelastet als viele andere, aber dafür stinknormal weiß und auch insgesamt nicht besonders hübsch. Allerdings – wenn da erstmal ein Moltontuch oder ein Handtuch zum Wickeln drauf liegt, sieht man auch das hübscheste Muster nicht mehr, also pfft… ist zu vernachlässigen! Die wenige Babykleidung, die nicht von irgendeinem Babyflohmarkt oder aus der Familie stammt, wurde – egal was auf dem Schild steht – mehrfach bei 60 Grad gewaschen. Keine Chemie für den Zwerg. Und die ganzen von der Werbeindustrie hochgepriesenen (und hochpreisigen) Pflegeprodukte für Babys sind lt. meiner Hebamme nachweislich unnütz bis schädigend. Zwei, drei ausgewählte, simple Produkte, Wasser und frische Luft reichen…

Heute habe ich dann meine Mutti-Freundinnen nach Fläschchen-Empfehlungen befragt. Ich meine, das Ergebnis war eindeutig (5 Empfehlungen für einunddieselbe Marke), aber muss wirklich alles „perfekt“ sein? – Mal abgesehen davon, dass es „perfekt“ eh nicht gibt (sprach die Perfektionistin…). Dennoch werde ich jetzt vermutlich genau diese Marke kaufen. Wobei ich zu meiner Verteidigung ja sagen muss, dass persönliche Empfehlungen vielleicht nicht so kontrollmackig sind wie stundenlanges Rezensionen-Durchforsten…

Aber wann bin ich eigentlich an den Punkt gekommen, an dem ich mutiert bin? Am Anfang der Schwangerschaft war ich da noch entspannter. Und jetzt werde ich es langsam wieder *puh* Aber dazwischen? Und hätte ich nicht stattdessen zu etwas anderen mutieren können? Etwas coolerem als Neurosenmutti? Wieso nicht Wonderwoman oder so?!

Ich bin doch auch schließlich groß geworden, ohne dass viel passiert ist. Wie oft habe ich auf langen Autofahrten quer auf der Rückbank gelegen, den Gurt nur noch irgendwo halb um mich herum? Und was war nur alles in meinem Spielzeug drin an Chemie, wo niemand auf die Idee gekommen wäre, dass es irgendwie schlimm sein könnte? Ich war mit meinen Freunden ewig lange draußen, auch ohne ständig über Handy erreichbar zu sein. Wir haben verbotene, abgesperrte Gelände erforscht, sind dreckverkrustet nach so manchem Nachmittag wieder nach Hause gekommen und haben mit ungewaschenen Händen die Süßigkeiten gefuttert, die wir für unsere Pfennige am Kiosk kriegten. Ein wenig klingt das wie dieses Bild, was ab und zu bei facebook kursiert, wo es darum geht: „Du weißt, dass Du ein Kind der 80er bist, wenn…“.

Und schließlich sind schon Milliarden Kinder vorher groß geworden, ohne das was Schlimmes passiert wäre, die unter ganz anderen Bedingungen aufgewachsen sind. Mein Credo für die Zukunft lautet also: „Lieber zufrieden als dauergestresst“! Mal sehen, ob’s klappt…

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